Startseite
Über Mich
AHP4
Galerie
Sehschlangen
Tourenbuch
Bookmarks
Elektronik
Bewertung
Geschichten

Mai 2002 : Im Berner Oberland


Mit meinem Bundesbruder Renne Marschner hatte ich schon seit längerer Zeit geplant, eine Tour in den Alpen zu unternehmen. Renne wohnt in Colmar im Elsaß, und hat es bis zur Schweizer Grenze nicht sehr weit. Nachdem ich eine Prüfung Ende April erfolgreich gemeistert hatte, konnte ich mir auch wieder etwas Freizeit genehmigen, und so haben wir uns am Mittwoch vor Christi Himmelfahrt in Colmar getroffen. Es sollte für mich eine ganz andere Art von Vatertagstour werden. :-)
Von Colmar führte uns der Weg zunächst nach Basel, von dort ging es durch zwei sehr stickige Autobahntunnel in Richtung Bern, und von hier aus weiter nach Interlaken. Hier beginnt die BOB, die weltberühmte Berner Oberland Bahn und führt nach Grindelwald und Lauterbrunnen. Nach einem Frühstück in Grindelwald parkten wir in Grindelwald-Grund am großen Talbahnhof, wo die Zahnradbahn zur Kleinen Scheidegg und zur Jungfraujochbahn beginnt.
Wir packten kurzerhand unser Gepäck und machten uns an den Anstieg in Richtung Männlichen. Man muß hinzufügen, daß eine Woche zuvor ein Wintereinbruch über die fast schon schneefreien Täler kam. Selbst nach vielen Tagen mit warmem Regen war das Tal von Grindelwald gerade eben schneefrei geworden. Ansonsten lag bis runter auf 1500 Meter eine gehörige Menge alter Pappschnee.
Diese Tatsache versuchten wir zu berücksichtigen, und als Ziel hatten wir uns die Kleine Scheidegg, 2061 Meter, auserkoren. Wir wollten eben so weit kommen wie möglich. Als der Asphaltweg aber schließlich in Tannenwald führte, behinderten über 30cm Schnee unser Fortkommen, und wir mussten unseren Plan ändern. Also liefen wir von der mühsam erkämpften Höhe wieder bergab und wanderten nach Brandegg, einer Zwischenstation der Zahnradbahn zwischen Grindelwald und Kleiner Scheidegg.
Nach kurzer Wartezeit kam dann auch eine Zahnradbahn vorbei, die uns zur kleinen Scheidegg brachte.
Dort oben erwartete uns allertiefster Winter. Von den Nordwänden von Eiger, Jungfrau und Mönch hörten wir abends das Rumoren von Schneebrettern, und zwar im Minutentakt. Es war schon sehr unheimlich.
Leider kamen wir zu einer wirklich ungünstigen Jahreszeit dorthin. Es herrschte so ziemlich die höchste Lawinenwarnstufe wo gibt, denn auf den eine Woche alten Schnee hatte es seit Tagen geregnet, und Ausflüge mit Langlaufskiern als auch Schneeschuhen kamen leider nicht in Frage.
Um also dem Schnee zu entkommen, entschlossen wir uns, mit der BOB wieder hinab ins Tal zu fahren, aber nicht in Richtung Grindelwald, sondern nach Westen in Richtung Wengen und Lauterbrunnen. Bei dem ersten schneefreien Bahnhof wollten wir aussteigen und weiterwandern. Aber darüber konnten wir in dem Hüttenlager auf der Kleinen Scheidegg in aller Ruhe nachts nachdenken.
Am nächsten Morgen gab es ein typisch Schweizer Frühstück mit Weißbrot, Emmentaler und Kaffee aus einer für norddeutsche Verhältnisse gigantischen Schüssel. Nach dem Frühstück hatten wir noch etwas Zeit, bis der Zug fuhr, und wir bestaunten die ersten japanischen Fahrgäste, die um acht Uhr im tiefsten Nebel und Sturm zum Jungfraujoch hochfuhren.
Ein Stück oberhalb Wengen verließen wir den Zug und machten uns an den Abstieg nach Wengen und Lauterbrunnen. Ab Wengen wurde es dann endlich wieder frühlingshafter, und das Wandern machte beim Passieren von grünen Wiesen mit glücklichen Schweizer Kühen wieder richtig Spaß. Freilich benötigten wir für den Abstieg nach Lauterbrunnen einige Zeit, denn der Höhenverlust von 1300 Meter auf 800 Meter erledigt sich nicht von alleine. Unten kamen wir am Bahnhof von Lauterbrunnen an und machten erst einmal Pause. Der weitere Weg sollte uns nach Isenfluh führen. Wir wanderten auf der alten Straße, die mittlerweile aber nicht mehr für Autos befahrbar ist, da zahlreiche Felsrutsche die Straße arg zugerichtet hatten. Mittlerweile ist Isenfluh durch einen spiralförmigen Tunnel für den Tourismus erschlossen, und das erste, was wir von Isenfluh erblickten, war ein riesiger Parkplatz. Doch schnell änderte sich dies, als wir in ein wunderschönes, idyllisches Schweizer Bergdorf kamen, mit blühenden Wiesen und obendrein noch gutem Wetter. :-)
Dies war genau der richtige Ort, um in eine Gaststätte einzukehren und sich ein kleines Bierchen zu gönnen. Die vielen Wandermeter, die wir seit dem Verlassen des Zuges unterhalb der Schneegrenze gemacht hatten, machten uns durstig. Aber sie machten uns auch etwas übermütig. Jetzt wollten wir auf die Schynige Platte, einen gut 2000 Meter hohen Berg, der von Isenfluh aus relativ schneefrei aussah.
Hierzu machten wir uns zunächst an den Abstieg nach Zweilütschinen. Dies ist der Ort, an dem sich die BOB teilt, um links nach Grindelwald und rechts nach Lauterbrunnen zu gelangen. Nach einer weiteren Rast, wo wir schon etwas vom Emmentaler Käse kosteten, den Renne in Isenfluh in einem Bauernhaus erstanden hatte, ging es flußabwärts nach Gsteigwiler. Hier beginnt der steile Steig, der zunächst zum Schönegg (1480 Meter) hinaufführt und anschließend zur Schynigen Platte. Nach dem bisher schon langen Tag zehrte dieser Steig an meinen Kräften, und um Muskelkrämpfe in den Beinen zu vermeiden, mußte ich doch etwas kürzer treten.
Als wir aus dem Wald herauskamen, führte uns der Weg an einer Skihütte vorbei. Die Beflaggung zeigte, daß dort Leute waren, und so fragten wir nach frischem Wasser. Hier lernten wir im Laufe des Restnachmittags die Gastfreundlichkeit auf Schweizer Hütten kennen. Kurzerhand wurde uns angeboten, auf der Hütte zu übernachten, und da wir keine sonderlich große Lust mehr hatten, weiter zu steigen, nahmen wir das Angebot an. Wir bekamen ein fantastisches Abendessen und feierten noch gemeinsam den Ausklang des Vatertages bei dem einen oder anderen alkoholischen Getränk. Mit der Hüttenruhe um 22:00 Uhr wurde es jedenfalls nichts.
Die Bilder sagen eigentlich alles, der nächste Morgen auf dieser Alm war fantastisch. Die vielen Strapazen, um hierher zu gelangen, hatten sich vollauf gelohnt. Nach einem ausgiebigen Frühstück verabschiedeten wir uns von unseren Gastgebern und versuchten nun, den Weg vom Vortage fortzusetzen. Wir taten wirklich alles, was unsere Kräfte hergaben, doch ab 1600 Metern Höhe begegnete uns wieder so viel Schnee, daß wir enttäuscht erneut umkehren mussten. Da wir nicht denselben Weg wie am Vortage absteigen wollten (schließlich wollten wir ja was von der Landschaft sehen), stiegen wir in Richtung Nordosten nach Bönigen ab, nicht ohne die aus der großen Höhe anmutige Seenlandschaft rings um Interlaken zu genießen.
Der Abstieg hatte es auch in sich. Durch Laubwald und steile Wege fanden wir den Weg in ein Wildbachtal, der uns dann auch bis kurz vor Bönigen geleitete. Am Lütschinenufer ging es nun wieder gemütlicher nach Wilderswil. Hier kauften wir etwas ein und stärkten uns das erste Mal nach dem Frühstück. Wilderswil ist ein sehr langgezogener Ort mit vielen hübsch anzusehenden Häusern. Wer etwas für romantische Bergdörfer übrig hat, sollte hier einmal vorbeischauen, es lohnt sich auf jeden Fall. Nach einem kleinen Ausflug ins Saxetental machten wir uns wieder an den Aufstieg zur Schönegg, um erneut in der Skihütte zu übernachten. Hier verlebten wir wieder einen lustigen Hüttenabend und festigten die Bekanntschaften vom Vorabend. Gleichzeitig war dies auch der Abschiedsabend vom Berner Oberland, denn für den nächsten Tag stand der lange Rückweg nach Grindelwald an. Wir haben diesen Weg in einer absolut guten Zeit geschafft und waren um 15:00 Uhr wieder an unserem Auto, gerade rechtzeitig mit dem Fallen der ersten Regentropfen des schon nahenden Gewitters.

Alles in allem hat mir das Berner Oberland gut gefallen. Dies fällt mir nicht leicht zu sagen, da ich bisher immer ein großer Verfechter der Berchtesgadener Alpen war. Das einzige, was mir nicht gefällt, sind die absolut unstudentischen Preise. Man kann dort in wenigen Tagen unglaublich viel Geld lassen, die Maut für die Autobahn gar nicht berücksichtigt. Und damit schließe ich meinen Reisebericht.

Pfiat Euch!

Letzte Änderung : 22-Aug-2023
Copyright Jens Köhler, Wolfsburg, Obere Dorfstraße 10d