Startseite
Über Mich
AHP4
Galerie
Sehschlangen
Tourenbuch
Bookmarks
Elektronik
Bewertung
Geschichten

Auflistung meiner bisher gegangenen Touren


Einzelheiten zur Tour Oxfam Trailwalker Deutschland 2010

Aufbruchszeit11.September 2010, 07:30
Ankunftszeit12.September 2010, 10:11
KategorieMittelgebirge Mittelgebirgstour
Schwierigkeitschwer schwer
Länge in km100
Höhendifferenz2500
Streckenprofilhier klicken!

Weitere Einzelheiten zur Tour

13.September 2010, ich pflege wie so oft mein Tourenbuch, und doch verweilt mein Blick auffällig oft bei zwei Zahlen: 100 und 2500. Das kann dann auch einmal lang ausgeschrieben werden: Einhundert Kilometer und zweitausendfünfhundert Höhenmeter, das ganze im Harz, am 11. und 12. September 2010, beim ersten Oxfam Trailwalker auf deutschem Boden.
Nach einer unruhigen Nacht auf dem Zeltplatz Eulenburg (Warum gehen auf Zeltplätzen eigentlich immer Zelthäringe so selten in den Boden?) sind wir um halb sechs aufgestanden und nach kurzer Katzenwäsche frühstücken gegangen. Es gab ein selbstgebackenes, unglaublich leckeres Vollkornbrot. Kaltes Nutella und Plastikmesser gehören nicht zusammen, also stattdessen Bierwurst und Käse. Daniel hat den Tracker abgeholt, mit dem unsere Position während des Trailwalkers im Internet nachverfolgbar ist.
Jetzt geht's ans Schuhe Anziehen, dabei nicht vergessen, den Zeitnahmechip in die Schnürsenkel einzuflechten. Rübertrotten zum Start, Abschied von Renate, Mundi und Piet, es wird ernst. Wie es sich für den Harz gehört, gibt es ein kleines Ständchen von Hornisten, quasi Halali, der Trailwalker ist tot. :-) Dann der Countdown, es geht los, erst langsam, dann schnell, und dann ganz langsam, letztlich Stau, denn alle mussten über ein schmales Brücklein über die Söse. Zum Glück wurde das angesagt, so dass sich das Gemotze in Grenzen hielt. Dann wurde es zum Glück wieder weiter, und wir wanderten gemütlich an der Söse entlang zum Stausee hinauf, zum Warmlaufen optimal.
Irgendwann waren wir an der Vorstaumauer, und der Anstieg zur Hanskühnenburg begann. Auf halber Höhe gab es Unterhaltung durch eine Trommelgruppe. Circa 200 Meter vor den Trommlern dachte ich auf einmal, dass mit meinem Herzen was nicht stimme, weil es so merkwürdig laut schlug, aber dann waren es halt diese ca. 20 Trommler, die eine super Performance ablieferten und alle Wanderer begeisterten.
Die Ankunft auf der HKB, dem ersten Checkpoint, erfolgte mit dem Hauptpulk, entsprechend chaotisch ging es bei der Getränkeausgabe zu. Dies war zum Glück der einzige Checkpoint, wo es so schlimm war. Da unsere Supporter Renate und Jachy eh nicht anwesend waren, hielten wir die Pause kurz, tranken nur einen Kaffee, aßen ein Müsli mit Joghurt, und zogen dann weiter. Es begann dann die Matschstrecke auf dem Reitstieg, auf die einige Wanderer offensichtlich nicht vorbereitet waren. Mir fiel ein Team auf, das sich durch akustische Umweltverschmutzung (es hat eigentlich nur noch der Ghettoblaster gefehlt) hervortat, wo einer tatsächlich nur Sandalen und Socken trug, die er auch prompt im Schmodder versenkte. Alle, die den Reitstieg auf dem Acker kennen, wissen, was ich meine, die anderen verstehen es besser, wenn ich noch hinzufüge, dass selbst Marion mit ihren Bergstiefeln einmal bis zur Schuhoberkante im Matsch stand und sogar ein wenig reinschwappte.
Dann wurde der Weg wieder einfach (sprich: öde Forststraßen) bis zum Grabenhaus Rose am Dammgraben bei Altenau. Hier warteten vier Campingstühle auf uns, einfach wunderbar, beim Sitzen eine Rückenlehne zu haben. Wir waren nun bei Kilometer 23,1. Wir waren also noch gut drauf und genossen einfach nur eine schöne Pause. Die Freiwilligen aus Altenau jodelten bei der Teamregistrierung für jedes angekommene Team. :-)
Die Idee, die Supporter noch einmal an der Steile-Wand-Straße zu treffen, um ihnen die Regenjacken und -hosen zu geben, war goldrichtig, so konnten wir unser Rucksackgewicht deutlich reduzieren. Nun begann eine gemütliche Strecke am Dammgraben entlang nach Torfhaus. Leider musste am Kellwasser nicht mehr gefurtet werden. Nach der nagelneuen Brücke über das Kellwasser ging es zunächst leicht, dann mäßig bergauf zum dritten Checkpoint am Lichtenborn, am Jungernstein vorbei. Obwohl es hier eigentlich nur kaltes Wasser geben sollte, gab es doch das volle Programm, bereitgestellt durch den Postsportverein. Kaffee, Tee, Bananen, Wasser, Gebäck, was das Herz begehrte. Einige der Wanderer machten vor Freude Handstand.
Bei Kilometer 35,4 km begann der Trailwalker dann langsam ernster zu werden, es begann die Etappe, in der es sicherlich in den Teams erstmals zu Schwierigkeiten kam. Die Etappe nach Schulenberg war 15 Kilometer lang, beinhaltete also das Überschreiten der Marathondistanz und damit dessen, was die meisten Wanderer maximal gewohnt sind. Hinzu kam eine 8 km lange Asphaltstrapaze, der sich ein sehr steiler Aufstieg hinter der Okerstaumauer anschloss. Ich bekam meine erste Blase am rechten Hacken. Was für eine Freude war es dann, überraschend Frobald aus der Hochtourengruppe an der Staumauer zu treffen. Wir konnten aber nicht viele Worte wechseln, da wir weiter wollten und mussten. Ich habe mitbekommen, wie jemand aus einem anderen Team sah, dass weit über ihm Wanderer durch den Wald stiegen. Er sah nur hoch und murmelte etwas wie "Oh Gott, da müssen wir jetzt rauf...?". Wir erfuhren unterwegs von seinen Teamkameraden, dass sie ihm am nächsten Checkpoint die Aufgabe empfehlen werden. Das lass ich hier mal wertungsfrei stehen.
Glücklicherweise kannten wir (außer Marion) den Streckenverlauf von der Staumauer bis Schulenberg, so dass böse Überraschungen erspart blieben. In Schulenberg wurden wir dann wieder von Jachy, seiner Frau Sabine und Renate empfangen. Auch Frobald ließ es sich nicht nehmen, uns nochmal zu besuchen, kurz darauf kam auch noch Winfried dazu. Wir waren immer noch gut dabei, meine Blase am rechten Hacken hatte sich nach Ende der Asphaltpiste auf den weichen Waldwegen wieder zurückgebildet. Die Schulenberger hatten sich auch etwas besonderes einfallen lassen und begrüßten jedes Team mit Peitschenknallen (jetzt hätte ich fast Peitschenhiebe geschrieben!!) Die Pause war gut, aber Jachy drängte zum Weiterwandern, also ging's wieder los. Winfried begleitete uns noch ein kleines Stück in den Wald hinein. Im Wald mussten wir dann schon die Stirnlampen anknipsen, die Dämmerung war in vollem Gange. Ungefähr bei Kilometer 52 eine SMS von Gaby: "Haben eben eine Energieminute für Euch veranstaltet. Merkt ihr schon was? Ronald sagt immer 'ommmm' und wir denken an Euch!" Die SMS kam zum rechten Zeitpunkt, beim Aufstieg zur Schalke auf dem Heidenstieg. Es ging auch sehr gut, eine Pause an der Hans-Lüer-Hütte, und schon standen wir auf dem Gipfel. Und wieder Asphalt, bis hinunter zum Auerhahn. Hier warteten diesmal Jürgen, Basti und Max von der Alten Freiberger Burschenschaft "Glückauf" auf uns. Einige Bundesbrüder haben uns durch Spenden großzügig unterstützt.
Die Pause währte aber wieder nicht lang, außerdem war der nächste Checkpoint (Kreuzeck, Nr. 5), nicht mehr weit. Also kurz ein Gruppenfoto und endlich wieder auf Schotterwegen voran. Was war die nächste Pause schön! Holzfackeln und Campingstühle. Renate und Jachy servierten Nudelsuppe, wobei außer Daniel eigentlich alle nur Brühe abbekamen. Aber die Brühe war so herrlich salzig! Bald drägte Jachy zum Aufbruch, wir mussten weiter nach Wildemann.
Diese Strecke war relativ langweilig, wir verkürzten uns die Zeit, indem wir mit anderen Teams ins Gespräch kamen, ich zum Beispiel unterhielt mich mit einigen aus dem Team Bad Grund. Leider konnte die Herkunft des Namens "Spitziger Berg" nicht geklärt werden. Große Ernüchterung bei der Ankunft im Spiegeltal. Der wunderschöne Wanderweg am Spiegeltaler Bach wurde nicht betreten, wir mussten auf der drögen Asphaltstraße bleiben. Vermutlich wollten die Besitzer des Zechenhauses nicht, dass die ganze Nacht Leute über ihr Grundstück laufen. So ging es erst bei der nächsten Brücke auf diesen schmalen Weg, dem wir bis zum Wildemanner Freibad folgten. Nur noch einige Meter durch den Kurpark, und wir waren am Kurshaus, dem sechsten Checkpoint. Es war nun schon Mitternacht, und nach 65,2 Kilometern sahen viele Wanderer nicht mehr wirklich fit aus. Wir konnten ein wunderschönes Hirschgulasch genießen. An einigen Tischen waren Wanderer einfach eingeschlafen, sehr viele ließen sich massieren, einige nahmen sich auch Liegen und schliefen etwas. Es war schon eine merkwürdige Stimmung, es lag eine große Anspannung im Raum. Ich wurde nach dreißig Minuten ungeduldig, da ich auch kurz davor war, einzuschlafen. Wir mussten jetzt unbedingt weiter! Wir mussten uns nun für die nächsten fünf Stunden von unseren Supportern verabschieden, denn der nächste Checkpoint im Innerstetal war für die Supporter nicht freigegeben. Vor uns lagen 17,4 Kilometer in der Nacht mit vielen Steigungen.
Glücklicherweise konnten wir uns wieder warmlaufen, weil es zunächst eben durch Wildemann ging, dann eine kleine Steigung, und wir befanden uns auf dem Halbe-Höhen-Weg oberhalb des schnuckligen Ortes. Ein kleiner Abstieg, Überquerung der Innerste, dann ging es steil hinauf zum Gallenberg und zum Quellenweg. Ich fasste hier noch etwas Wasser nach. Es folgten die lustigen Wegekreuzungen Spinne und Schweinebraten, dann kam der nächste steile Anstieg auf den Spitzigen Berg. Das ging erstaunlich gut. Am Taternplatz saßen zwei Wanderer, die versprengten Reste eines gescheiterten Teams, die auf ihre Supporter warteten. Wir aber stiegen auf zum Gewitterplatz, von dort ging's weiter zur Kaisereiche. Dann ging es bis zum nächsten Checkpoint fast nur noch bergab, Zwischendrin hatte Marion den Beschluss gefasst, auszusteigen. Ihre Füße verursachten ihr große Schmerzen, die Fußsohlen brannten regelrecht. Schweren Herzens mussten wir uns nach einer sehr kurzen Pause am Checkpoint 7 (Obere Innerste) von ihr verabschieden, es ging jetzt wieder bergauf zur Flambacher Mühle und zum Hasenbacher Teich. Wir querten das nächtliche Buntenbock, ich weckte Jachy per Telefon und informierte ihn, dass Marion abzuholen sei. Kurz darauf riefen Jürgen und Basti an. Sie waren bereits am Prahljust und erwarteten uns, sie weckten dann auch gleich Renate auf. :-)
Daniel zog das Tempo an, wir überholten zwei Teams und waren gegen fünf am vorletzten Checkpoint (Nr. 8, Campingplatz Prahljust). In der Nacht sah das hellerleuchtete Gelände so aus, als drehte Steven-Spielberg einen Film über Außerirdische! Ich war bei der Pause ziemlich wortkarg, musste zweimal aufs Klo (einmal klein, einmal Durchfall). Der Durchfall war vermutlich auf Magnesiumüberdosierung zurückzuführen. An den Checkpoints lagen kleine Tütchen mit einem Sportpülverchen herum, davon hatte ich mir an der oberen Innerste gleich zwei reingedröhnt. Oben drauf gabs noch eine Immodium Akut, dann war glücklicherweise Ruhe. Sorry an das Team, ich habe hier leider etwas Verzögerung verursacht.
Erwähnen muss ich noch die sehr leckeren Nudeln von Jachy und Sabine! Wieder der Abschied von den Supportern und von Jürgen und Basti. Immer noch finster, ging es am Nassewieser Teich vorbei auf den Kehrzug und auf der alten Asphaltstraße in Richtung Hutttal. Bei Erreichen des alten Steinbruchs begann die Morgendämmerung, und uns dämmerte, dass wir noch lange nicht am Ziel waren und dass die Organisatoren einen sehr gemeinen Streckenverlauf gewählt hatten. Wir mussten fast bis ganz hinunter ins Riefensbeektal, dann ging es alles wieder hinauf zum Brautbrunnen und zum Braunseck. Wir überholten das verzweifelte Team Radio Havanna aus Berlin. Sie hatten eigentlich nur Trainingstouren mit maximal 25 Kilometern Länge gemacht und wären völlig am Ende, ihre Füße bestanden nur noch aus Blasen. Auch wir mussten unser Tempo reduzieren, Heidis Knie waren an der Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt. Ab Braunseck mussten wir auf kurvigen Forststraßen, teilweise durch Matsch (frischer Holzeinschlag!) zum Mangelhalber Tor wandern. Ab und zu gab es Tief- und Weitblicke, aber die waren selten. Gehen, Gehen, Gehen, immer ein Schritt nach dem anderen). Team Radio Havanna hatte uns wieder überholt, wir haben sie dann kurz vor dem Mangelhalber Tor wieder überholt. Die vier wollten aufgeben, ich habe sie versucht, aufzubauen (sie sind im Ziel, fünf Minuten nach uns, komplett zu viert angekommen!!)
Am letzten Checkpoint (Nr. 9, Kilometer 93,6, Marienblick ob Lerbach) gedrückte Stimmung, alle denken nur noch ans Ziel und sind völlig geschafft. Daniel bekommt keine Immodium Akut, die er dringend bräuchte, und Heidi keine Kniebandage. :-( Wir müssen weiter, die Muskeln und Gelenke rosten jetzt unglaublich schnell ein. Wir brauchen fünfhundert Meter, bis wir wieder das Tempo von vor dem Checkpoint erreicht haben. Wieder Forstraßen, gewunden, endlos. Dann der Eselsplatz. Ab hier breite Forstraßenpiste, hinunter nach Osterode auf dem Hexenstieg. Ich übernehme Heidis Rucksack, sie quält sich nur noch. Daniel ruft Jachy an. Er soll uns entgegenkommen, wir brauchen jede nur mögliche Unterstützung! Ein letztes steiles Bergabstück. Wir überholen wieder das Team Havanna. Einer sitzt auf dem Boden, am Ende seiner Kräfte. Wir überholen sie, kurz darauf hören wir hinter uns einen wilden Schrei, bei Radio Havanna geht es wohl weiter. :-) Mit einem ähnlichen Schrei habe ich mir in Grönland, bis zu den Hüften in einem eiskalten Gletscherfluss stehend, auch den Frust von der Seele geschrien, das tut manchmal gut.
Endlich ist es da, das 500 Meter-Schild vor der Ziellinie. Ein Einweiser, die Überquerung der B498, dann sehen wir die Eulenburg auch schon. Zuschauer haben ein Spalier gebildet, es läuft das Tote-Hosen-Lied "You Never Walk Alone", alle klatschen, wir laufen über die Ziellinie! Es ist geschafft. Direkt danach werden wir auf ein Podest gebeten, Zielfoto! Halt, wo ist Marion, die muss doch auch mit drauf! Wir finden sie, schwups, steht sie auch mit auf der Bühne, noch ein Foto. Haben wir noch Zeit? Kommt das nächste Team? Nein, also, noch ein Foto, diesmal mit Supportern! Wir sind ins Ziel gekommen. Das, was wir zu Anfang für unmöglich gehalten haben, hat tatsächlich geklappt.
Wir haben als Team 3521 EUR gesammelt und 378 Kilometer erwandert! Ein großes Dankeschön an alle, die das möglich gemacht haben!

Post Scriptum:
Eine Sache hat mich persönlich bei der Ankunft am Ziel sehr beeindruckt, ich habe allerdings einen Tag gebraucht, dies auch zu erkennen. Es waren die Menschen, die zu beiden Seiten standen, wildfremde Menschen, die klatschten, aber in ihren Augen war nicht diese sportliche Begeisterung zu sehen, nicht dieser typische, fast schon massenhysterische Jubel des Jubelns willen. Stattdessen sah ich ehrliche Anerkennung für unsere Leistung, die Welt etwas besser und fairer gemacht zu haben, ein stiller, respektvoller Applaus.

Bilder zu dieser Tour sind in dieser Galerie zu finden.
Alpenaffen am Start an der Eulenburg
Alpenaffen am Start an der Eulenburg
Kurz vor dem Start
Kurz vor dem Start
Trommeln als Motivation
Trommeln als Motivation
Waterpoint 3 am Lichtenborn
Waterpoint 3 am Lichtenborn
Zeigt her eure Füße
Zeigt her eure Füße
An der Okerstaumauer!
An der Okerstaumauer!
Dämmerung in Schulenberg
Dämmerung in Schulenberg
Gruppenbild am Checkpoint 4 in Schulenberg
Gruppenbild am Checkpoint 4 in Schulenberg
Pause am CP5 am Kreuzeck
Pause am CP5 am Kreuzeck
Alpinaffen 2010: Im Ziel
Alpinaffen 2010: Im Ziel



Thomas IV. merkte am 14.09.2010 um 15:07 Uhr an:
Wanderkaiser
Herzlichen Glückwunsch zur tollen Leistung! Thomas vom Wanderclub mit Sack&Pack

Letzte Änderung : 22-Aug-2023
Copyright Jens Köhler, Wolfsburg, Obere Dorfstraße 10d